27 November 2024

Australien: Eine Einführung in den NEM

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Australien: Eine Einführung in den NEM

Der NEM – oder National Electricity Market – ist ein einheitlicher Strommarkt, der die fünf miteinander verbundenen östlichen Regionen Australiens abdeckt: Queensland, New South Wales (inklusive ACT), Victoria, South Australia und Tasmanien. Das verbundene Übertragungsnetz des NEM zählt zu den größten der Welt. Der Betrieb erfolgt durch AEMO (Australian Electricity Market Operator).

Alex Leemon von Gridcog spricht mit Wendel über den NEM

Der NEM besteht im Wesentlichen aus fünf miteinander verbundenen Regionalmärkten

Die fünf Regionen des NEM agieren jeweils als eigene Preiszone – und räumen zu unterschiedlichen Preisen ab. Diese Preise spiegeln die unterschiedlichen Nachfrage- und Erzeugungsprofile sowie die begrenzte Verbindungskapazität zwischen den Regionen wider.

NEM Region Map

Die Stromerzeugung sieht in jeder Region sehr unterschiedlich aus. Der jeweilige Mix spiegelt die Geografie, die Geschichte und die Energiepolitik der einzelnen Bundesstaaten wider.

Zum Beispiel sind Queensland und New South Wales stark von Kraftwerken abhängig, die Steinkohle verbrennen. In Victoria hingegen wird überwiegend Braunkohle genutzt. South Australia und Tasmanien verfügen dagegen über keine aktive Kohleverstromung. South Australia setzt stärker auf Gaskraftwerke, während Tasmanien auf Wasserkraft setzt.

Ein zentral gesteuerter, energieorientierter Markt mit einem einheitlichen Spotpreis – alle fünf Minuten festgelegt

Im NEM gibt es keinen Markt für vorlaufende Energie (obwohl es bilateral gehandelte Terminkontrakte gibt) – AEMO betreibt den gesamten Markt über einen einzigen fünfminütigen Spotmarkt. Es existiert auch kein Kapazitätsmarkt, das heißt, der Energie- und Systemdienstleistungsmarkt muss die erforderlichen Einnahmen für neue Erzeugungsanlagen liefern.

Diese Kombination führt zu erheblicher Preisvolatilität. Die Preise sind auf 17.500 $/MWh gedeckelt, mit einem Minimum von –1.000 $/MWh – und diese Grenzen werden regelmäßig erreicht.

Die Einsatzplanung und Preisbildung im NEM erfolgt durch einen zentralen Algorithmus. Erzeuger melden Verfügbarkeiten und Preise bei AEMO, während die Nachfrage ihre Anforderungen und Preise angibt. AEMO räumt dann den Markt unter Berücksichtigung der Verbindungskapazitäten zwischen den Regionen ab. So entsteht für jede Region ein einheitlicher Preis, den alle eingesetzten Anlagen erhalten.

Dieser Einsatzalgorithmus läuft alle fünf Minuten und gibt den Marktteilnehmern jeweils Anweisungen für die nächsten fünf Minuten. Dabei werden auch regionale Netzengpässe berücksichtigt, sodass nur Erzeuger eingesetzt werden, deren Strom tatsächlich zur Nachfrage gelangen kann.

Frequenzregelung hält die Netzfrequenz bei 50 Hz

Der Fünf-Minuten-Algorithmus zielt darauf ab, Erzeugung und Verbrauch in jedem Intervall im Gleichgewicht zu halten. Auf unter fünfminütiger Ebene werden etwaige Ungleichgewichte durch Frequenzregelungsdienste ausgeglichen.

Diese werden als FCAS (Frequency Control Ancillary Services) bezeichnet und gleichen Abweichungen zwischen Erzeugung und Verbrauch aus, um die Netzfrequenz bei 50 Hz zu halten. Die Vergütung erfolgt für die Bereitstellung, nicht für die gelieferte Energie. Die Frequenz wird zudem über die verpflichtende (aber nicht vergütete) Primary Frequency Response gesteuert – eine Voraussetzung für alle Erzeuger im NEM.

FCAS gibt es in zwei Formen: Contingency, die bei größeren Frequenzabweichungen ausgelöst wird, und Regulation, die von AEMO kontinuierlich alle vier Sekunden zur Korrektur kleinerer Abweichungen eingesetzt wird.

Die Beschaffung dieser Systemdienstleistungen wird im selben fünfminütigen Markt wie die Energie koordiniert. So wird die kostengünstigste Kombination aus Energie- und FCAS-Bedarf für den gesamten NEM beschafft.

Mehr zum Thema Frequenzregelung im NEM finden Sie in unserem Einsteiger-Leitfaden hier.

Batteriespeicher im NEM

Im NEM steht die weltweit erste „große“ Batterie: das inzwischen 150 MW starke Hornsdale Power Reserve. Seitdem wächst die Batteriekapazität stetig weiter und wird bis Ende 2024 voraussichtlich 2 GW erreichen.

Dies wurde durch eine Kombination aus direkter staatlicher Förderung, innovativen Vertragsmodellen und einem tiefen Verständnis für die Marktmechanismen der beteiligten Akteure erreicht.

In unserem ersten Deep Dive zum NEM analysieren wir all dies und mehr. Unser Artikel zum Stand der Batteriespeicherung im NEM 2024 ist kostenlos hier verfügbar.

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