Eine einzelne Hyperscale-Anlage kann über 75 MW Leistung aufnehmen. Werden fünf gebaut, sind das fast ein halbes Gigawatt. Zusammen mit den aktuellen Projekten im Bau übersteigt das Nachfragewachstum, was PJM früher in einem ganzen Jahrzehnt erlebt hat.
PJM’s Prognose für die Sommer-Lastspitze 2025 ist gerade auf 210 GW im Jahr 2035 und 228 GW bis 2045 gestiegen – ein deutlicher Bruch mit Jahren stagnierender Nachfrage.
Bis 2030 erwartet PJM einen Anstieg der Spitzenlast um 32 GW. Rechenzentren sind für 94 % dieses Wachstums verantwortlich.
Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, schlägt PJM einen neuen Rahmen für die Anbindung dieser Projekte vor – mit neuen Regeln für Lasten ab 50 MW.
Die neue Kategorie: Non-Capacity-Backed-Load
PJM’s Vorschlag vom August führt eine neue Lastklasse ein: Non-Capacity-Backed-Load (NCBL).
- Keine Kapazitätsgebühren. NCBL nimmt nicht an PJM’s Kapazitätsauktionen teil. Diese Last wird aus der Kapazitätsverpflichtung jeder Versorgungsfirma herausgerechnet und zählt somit nicht mehr für die Nachfragekurve, die die Preise bestimmt.
- Zuerst abgeregelt. PJM kann NCBL vor kapazitätsgestütztem Demand Response oder maximaler Stromerzeugung in Notfällen abregeln.
- Freiwillig – bis es verpflichtend wird. Lasten können freiwillig den NCBL-Status wählen. Sollte PJM jedoch einen Engpass prognostizieren, wird NCBL verpflichtend. Eigene Erzeugung (BYOG), die vom Verbraucher bereitgestellt wird, wird dabei angerechnet.
- Weiterhin Netzentgelte. NCBL vermeidet Kapazitätsgebühren, indem sie während Spitzenzeiten abregelbar ist und so ihren Beitrag zur Spitzenlast senkt. Für Übertragungsgebühren bleibt sie jedoch verantwortlich, da PJM die abgeregelte Last bei der Berechnung der Network Service Peak Load (NSPL) wieder hinzurechnet.
Für Betreiber von Rechenzentren bedeutet das: geringere Anfangskosten, aber das Risiko von Abregelungen, wenn die Versorgungssicherheit angespannt ist.
Wer qualifiziert sich? Die meisten neuen Lasten über 50 MW
Schwelle: Lastzuwächse ≥ 50 MW. Der Versorger kann kleinere Projekte im Einzelfall genehmigen.
Ausnahmen: Kritische Infrastrukturen wie Krankenhäuser, Notrufzentralen, Kläranlagen, Gas-Pumpstationen und Telekommunikationseinrichtungen dürfen nicht als NCBL ausgewiesen werden.
Gutschriften: Lasten, die an BYOG oder Demand Response teilnehmen, sind bis zu ihrem anerkannten Beitrag ausgenommen.
NCBL senkt Zuverlässigkeitsanforderungen und dämpft Kapazitätspreise
Die Zuweisung von NCBL reduziert die Zuverlässigkeitsanforderung (Reliability Requirement, RR) für PJM und betroffene Zonen.
Dadurch verschiebt sich die Variable Resource Requirement (VRR) Kurve – PJM’s Nachfragekurve für Kapazität – nach unten und dämpft die Clearingpreise.
So beeinflusst NCBL die Kapazitätsauktionen:
1. Vor der Auktion: BYOG-Ressourcen, Demand Response und freiwillige NCBL werden nominiert.
2. Während der Auktion: PJM vergleicht das Angebot mit dem RR. Bei einem Mangel wird zunächst freiwillige NCBL zugewiesen. Bleibt eine Lücke, weist PJM verpflichtende NCBL nach Zonen, anteilig, bis zum Ausgleich zu.
3. Nach der Auktion: PJM passt RR und VRR-Kurve nach unten an, um die zugewiesene NCBL zu berücksichtigen. Anschließend werden die Kapazitätsverpflichtungen jedes LSE neu berechnet.
In der Praxis senken große Lasten, die bereit sind abzuregeln oder ihren Bedarf mit neuer Erzeugung zu decken, die Zuverlässigkeitsanforderung des Systems. Das führt zu niedrigeren Kapazitätspreisen – oder verhindert zumindest weitere Preiserhöhungen in einem bereits angespannten Markt.
Zum Vergleich: Bei einem Clearingpreis von 325 $/MW-Tag könnte ein 500 MW NCBL-Standort bis zu 417 Stunden im Jahr mit Diesel-Backup laufen und dennoch profitabel sein.
Rechenzentren können die Anbindung durch Kopplung mit neuer Erzeugung beschleunigen
PJM prüft Möglichkeiten, Rechenzentrumslasten mit neuer Erzeugung zu koppeln, um die Anbindung zu beschleunigen.
Wenn ein Rechenzentrum einen Abnahmevertrag mit neuer Gas-, Solar- oder Speichererzeugung abschließt, könnte dieses Projekt schneller durch die Warteschlange kommen.
Entwickler verfügen zudem über bestehende Instrumente zur Projektbeschleunigung:
- Upgrade-Anfragen – Übertragungsnetz-Upgrades vorab bezahlen und parallel bauen. Eine Gasturbine am Standort eines Hyperscale-Campus könnte auf diese Weise schneller realisiert werden, wenn der Entwickler die Upgrades finanziert.
- Surplus Interconnection Service – Nutzung von freier Kapazität an einem bestehenden Netzanschlusspunkt. Ein Solar-plus-Speicher-Projekt an einem stillgelegten Kohlekraftwerksstandort könnte den Anschluss teilen, die Auslastung verbessern und schneller Strom an nahegelegene Rechenzentren liefern.
Lastbegrenzung oder BYOG: Die Wahl des Entwicklers
NCBL ist im Wesentlichen eine formalisierte, großskalige unterbrechbare Lastklasse. PJM kann diese Lasten vor kapazitätsgestütztem Demand Response oder maximaler Erzeugung abregeln.
Das lässt Entwicklern drei Optionen, jeweils mit eigenen Vor- und Nachteilen:
- NCBL nur mit Abregelung: Akzeptieren des Abregelungsrisikos, dafür keine Kapazitätsgebühren. Die Zuverlässigkeit könnte auf etwa 98 % Betriebszeit sinken. Zum Vergleich: Rechenzentren verlangen oft „Five Nines“ – 99,999 % Verfügbarkeit, was nur 5 Minuten Ausfall im Jahr entspricht.
- NCBL mit Diesel-Backup: Kapazitätsgebühren vermeiden, Abregelungen mit Notstromaggregaten vor Ort abdecken. Diesel bietet kurzfristige Absicherung, aber mit begrenzter Laufzeit und geringerer Zuverlässigkeit als Netzversorgung.
- BYOG (Bring Your Own Generation): Neue Last mit neuer Erzeugung koppeln, z. B. Gas, Solar-plus-Speicher oder Hybridprojekte. Dies kann feste Kapazität bieten, wirft aber Fragen zu Kosten, Finanzierung, Lieferketten und Warteschlangensicherheit auf.
Aber nicht jede Erzeugung passt zum Hyperscale-Bedarf.
Die folgende Grafik vergleicht den Bedarf von Rechenzentren mit der Erzeugung unter verschiedenen Anbindungspfaden und zeigt, wie jede Option eine andere Zuverlässigkeit bietet.
Rechenzentrumslast wird als konstant und kontinuierlich betrachtet. In Wirklichkeit kann sie innerhalb von Millisekunden um Hunderte von Megawatt schwanken.
Gasturbinen können Lastschwankungen verfolgen, sind aber mit Kosten- und Emissionshürden konfrontiert.
Dieselgeneratoren sind zwar in Notfällen zuverlässig und für den Inselbetrieb ausgelegt, unterliegen jedoch strengeren Emissionsauflagen und Laufzeitbegrenzungen nach EPA-Vorgaben.
Solar-plus-Speicher reduziert Spitzen, hinterlässt aber Lücken.
Für Entwickler ist der Zielkonflikt klar
NCBL senkt die Kosten, setzt Projekte aber dem Risiko von Abregelungen aus. Diesel-Backup hilft nur begrenzt. Feste Versorgung mit neuer Erzeugung bedeutet höhere Investitionen und größere Anbindungshürden.
Die Standortwahl wird entscheidend. Zonen mit starker Netzanbindung tragen weniger Risiko, während spekulative Projekte in schwachen, kapazitätsarmen Gebieten ohne BYOG Schwierigkeiten bei der Finanzierung haben könnten.
Andererseits: Wird BYOG als Zwischenlösung genutzt, während auf Netz-Upgrades gewartet wird, könnte die Dauerhaftigkeit dieser Initiative ein Risikofaktor sein. Sollten sich die NCBL-Regeln ändern oder die Netzsituation schneller verbessern als erwartet, könnten Entwickler mit unterausgelasteten, gestrandeten Assets dastehen.
PJM’s Vorschlag stößt auf Kritik aus vielen Richtungen
Hyperscale-Akteure wie Amazon, Google und Microsoft argumentieren, das NCBL-Konzept untergrabe die Tarifintegrität und das Marktdesign.
LS Power und East Kentucky Power warnen, dass dies die Kapazitätspreise drücken, das Vertrauen von Investoren schwächen und Rechenzentren zu anderen Netzbetreibern treiben könnte. Dies würde die wirtschaftliche Entwicklung im PJM-Gebiet bremsen.
Einige Gouverneure fordern PJM auf, sich stattdessen auf bessere Lastprognosen, Netzplanung und schnellere Anbindung zu konzentrieren.
Fazit
PJM’s Vorschlag ist weiterhin konzeptionell.
Die Mitglieder diskutieren derzeit im Rahmen der Critical Issue Fast Path (CIFP) Initiative, mit dem Ziel, bis Jahresende einen Vorschlag bei der FERC einzureichen.
Die Lösung soll bis zur Kapazitätsauktion 2028/2029, geplant für Juni 2026, umgesetzt sein.
Aber die Richtung ist klar: Hyperscale-Lasten im PJM-Gebiet werden mit neuen Regeln konfrontiert.
Dies ist kein Deckel für das Lastwachstum bei PJM. Wahrscheinlicher ist, dass geringere Nachfrage durch Projektabbrüche in der Warteschlange entsteht, nicht durch PJM, das neue Anschlüsse blockiert.
Mehr dazu nächste Woche, wenn wir PJM’s vorgeschlagenen Rahmen in unsere Lastprognose übertragen.
Bei Fragen zu dieser Analyse wenden Sie sich gerne an die Autorin unter deeksha@modoenergy.com.




