Die installierte Solarkapazität hat 100 GW überschritten. Doch die Spitzenlast im Sommer liegt selten über 60 GW. An sonnigen Tagen überschwemmt Solarstrom den Markt und drückt die Preise auf ein Minimum.
Die Auswirkungen sind bereits in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen von Handelsprojekten sichtbar.
Doch 90 % der Projekte in Deutschland werden durch feste Einspeisevergütungen abgesichert – und diese Zahlungen werden aus dem Bundeshaushalt finanziert.
Was muss Deutschland also tun, um Verbraucher zu schützen und sicherzustellen, dass Solarenergie langfristig einen Wert für das System hat?
Diese Analyse untersucht:
- Wie Deutschlands Solar Capture Rate in weniger als drei Jahren von 98 % auf 54 % gefallen ist.
- Warum die Sommerproduktion fünfmal schneller wächst als im Winter.
- Wie der steigende Solarstrom die Merit Order verändert.
- Warum Deutschlands jährliche Capture Rate jetzt der Spaniens entspricht.
- Was das für die Ausgestaltung von Förderungen und die Wirtschaftlichkeit von Speicherlösungen bedeutet.
Für weitere Informationen zu diesem Thema wenden Sie sich an den Autor – zach.williams@modoenergy.com
Die deutschen Solar Capture Rates sind um 44 % gefallen
Die Solar Capture Rate misst den durchschnittlichen Preis, den Solaranlagen im Vergleich zum Gesamtmarktpreis erzielen.
Im Jahr 2025 lag dieser Wert bislang bei durchschnittlich nur 54 % – gegenüber 98 % im Jahr 2022.
Ein klarer saisonaler Trend zeichnet sich ab: Im Mai und Juni fielen die monatlichen Capture Rates auf nur 0,43 und 0,44.
Der Sommer entwickelt sich zur entscheidenden Phase für die Wirtschaftlichkeit von Solarprojekten.
Die Sommerproduktion wächst fünfmal schneller als im Winter
Im vergangenen Jahr entfielen 43 % der Solarstromproduktion auf nur drei Monate – Juni, Juli und August.
Deutschlands hohe geographische Breite und die südorientierte Panelausrichtung bedeuten, dass jedes neue Gigawatt installierter Leistung im Sommer fünfmal mehr Strom erzeugt.
Während die Mittagsnachfrage jährlich um etwa 1 GW sinkt, steigt die Solarproduktion um 3 GW.
Mehr Solarstrom trifft auf weniger Last und deckt die Nachfrage immer häufiger ab.
Diese Dynamik verschärft den Druck auf die Wirtschaftlichkeit von Projekten:
- Solar wird immer häufiger zum marginalen Anbieter und drückt die Preise.
- Mehr Energie wird zu diesen niedrigeren Preisen verkauft.
Letztlich sinken die Capture Rates, weil zunehmend Strom verkauft wird, wenn Solar die Preise bestimmt. Das ist Solarkannibalisierung.
Solar bestimmt immer häufiger den Preis
Der deutsche Day-Ahead-Markt ist eine Pay-as-Cleared-Auktion. Erzeuger bieten im Wesentlichen entsprechend ihrer Kosten, und die günstigsten Gebote werden angenommen, bis die Nachfrage gedeckt ist.
Der Mindestpreis liegt bei -500 €/MWh. Must-run-Anlagen und geförderte Erneuerbare bieten oft auf diesem Niveau, um die Abnahme zu sichern.
In den letzten fünf Jahren haben tagsüber zusätzlich 11 GW bei negativen Preisen geboten.
Nachts sieht die Angebotskurve aus wie 2020 – der Wandel wird also vor allem durch neue geförderte Solarkapazitäten getrieben.
Mit wachsender installierter Kapazität verdrängt Solar zunehmend thermische Kraftwerke als marginalen Anbieter. Sobald die letzte thermische Einheit abgeschaltet ist, können die Preise abrupt um 100 €/MWh oder mehr fallen.
Und der Preisverfall beschleunigt sich
Die Capture Rates fielen 2022 elfmal unter 50 %, 2023 bereits 31-mal und 2024 ganze 63-mal. Die Zahl verdoppelt sich jedes Jahr.
Das ist keine lineare Entwicklung. Jedes Jahr verstärkt mehr Solar die Zahl der Tage mit drastisch sinkenden Einnahmen.
Deutschland hat weniger Solar als Spanien, aber ähnlich niedrige Capture Rates
Der Solaranteil in Spanien ist fast doppelt so hoch wie in Deutschland: 18 % gegenüber 10 %.
Dennoch sind die jährlichen Capture Rates nahezu identisch.
Es liegt an Saisonalität und Nachfrageprofil
Spaniens Nähe zum Äquator sorgt für ein gleichmäßigeres Erzeugungsprofil über das Jahr als in Deutschland.
Auch die Nachfrage unterscheidet sich:
- In Spanien treibt Sommerhitze die Nachfrage nach Klimaanlagen nach oben und hilft, das Mittagsangebot aufzunehmen.
- In Deutschland ist die Nachfrage gleichmäßiger, mit nur einem moderaten Winterpeak durch Heizung.
In Spanien sinken die Capture Rates in den Übergangsjahreszeiten, halten sich aber im Sommer besser und profitieren sogar von einer soliden Winterproduktion, wenn die Preise höher sind.
Warum wird in Deutschland trotz sinkender Renditen weiter Solar gebaut?
Weil der Großteil der Solarenergie in Deutschland von Marktsignalen abgeschirmt ist.
Über 90 % der installierten Kapazität werden staatlich gefördert – entweder durch Einspeisevergütungen (EEG) oder Marktprämien. Diese Mechanismen sichern Einnahmen auch bei Preisverfall.
Seit 2017 setzt Deutschland für den Großteil neuer Kapazitäten auf wettbewerbliche Ausschreibungen statt auf feste Vergütung.
Da die Auktionsrunden überzeichnet waren, setzen einige Entwickler inzwischen auf PPAs oder den freien Markt.
Neue Negativpreis-Regeln seit 2021 und ein wachsender Merchant-Anteil führen dazu, dass ein kleiner, aber wachsender Teil der Solarenergie nun Marktrisiken ausgesetzt ist.
Doch der Großteil der installierten Kapazität ist durch Altregelungen geschützt – und diese Förderkosten trägt der Bund.
Mit sinkenden Capture Rates wächst die Förderlücke.
Das erhöht den Druck auf weitere Reformen und macht Speicher zu einem zentralen Pfeiler für langfristige Investitionen.
Fazit: Der Wert von Solar sinkt, aber der Speicherbedarf war nie größer
Deutschland baut Solar schneller aus, als das Netz es aufnehmen kann – das senkt die Capture Rates und erhöht die Förderkosten.
Mit einem Ziel von 215 GW bis 2030 wird sich diese Diskrepanz noch vergrößern.
Die Rahmenbedingungen sprechen klar für Batteriespeicher.
Ein Netz mit günstiger Mittagsenergie bietet ideale Bedingungen für Speicher – Strom kann dahin verschoben werden, wo er gebraucht wird, Kosten sinken und die Systemeffizienz steigt.
Das ist gut für die Verbraucher – und stärkt die Wirtschaftlichkeit.
Batterien können Förderkosten senken und gleichzeitig voll am Markt agieren, wodurch privates Kapital in die Energiewende gelenkt wird.
Die Speicherkapazität dürfte bis Jahresende 3 GW erreichen, doch das reicht nicht, um mit dem Solarausbau Schritt zu halten.
Die Frage ist nun, ob Speicher schnell genug skaliert werden kann, um Solar als Investition zu sichern.