Frankreichs Stromsystem steht an einem Wendepunkt. Bisher geprägt von Kernenergie und Wasserkraft, sieht es sich heute mit alternden Anlagen und einem rasanten Ausbau der Solarenergie konfrontiert, was die Preise verändert und die Netzflexibilität herausfordert. Während sich der Markt wandelt, könnte Batteriespeicher zur entscheidenden Lösung werden, um das System klimafreundlich und zuverlässig zu halten?
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Wichtigste Erkenntnisse
- Kernenergie und Wasserkraft halten das System klimafreundlich und stabil. Doch der Atompark altert, die Wasserkraft läuft auf Maximalleistung, beide stehen vor einer unsicheren Zukunft.
- Schnell wachsende Erneuerbare verändern das Tagesprofil und führen 2025 zu 436 Stunden mit negativen Preisen. Mehr Flexibilität ist nötig, um Mittagsstrom in den Abend zu verschieben.
- Heutiger Stand Batteriespeicher: Über 1 GW am Netz, vor allem Kurzzeitspeicher für Systemdienstleistungen: Preise stabil, aber der Markt reift.
- BESS von morgen: Die nächste Speicherwelle zielt darauf ab, die wachsenden Spreads im Day-Ahead- und Intraday-Markt zu nutzen.
1. Frankreichs Stromnetz wandelt sich von Kernenergie zu erneuerbaren Energien – Batteriespeicher rücken in den Fokus.
Kernenergie & Wasserkraft bleiben das Rückgrat
Frankreich hebt sich in Europa durch sein stabiles, klimafreundliches Rückgrat aus Kernenergie und Wasserkraft hervor.
- Kernenergie: 2024 betrug die Produktion 362 TWh, rund 65 % der Versorgung, bei 63 GW Kapazität.
- Wasserkraft liefert 75 TWh aus 25 GW installierter Anlagen.
Damit unterscheidet sich das Bild deutlich von Nachbarländern wie Deutschland, wo der Energiemix aus Erneuerbaren, Gas und Kohle besteht.
Doch alternde Anlagen und Solarboom setzen das System unter Druck
Kernenergie und Wasserkraft sind zentral für Frankreichs Stromsystem, doch beide stehen vor einer unsicheren Phase.
Frankreichs Atomkraftwerke altern:
- 52 von 57 Reaktoren sind über 30 Jahre alt
- 23 Reaktoren sind über 40 Jahre alt
Die Wasserkraftproduktion ist weitgehend stabil geblieben, die Kapazität hat sich von 2016 bis 2025 nur um 264 MW (+1,04 %) erhöht. Zudem verschärfen Klimawandel, unregelmäßige Niederschläge und längere Trockenperioden die saisonalen Schwankungen.
Neue erneuerbare Energien werden hinzugefügt, um diese alternde Säule zu stützen und zu ergänzen.
Das Wachstum der Windenergie stagniert seit einigen Jahren – politische Widerstände und höhere Kosten bremsen den Ausbau. Die Solarenergie hingegen wächst stark: Bis 2024 wurden über 24 GW installiert und 25 TWh erzeugt.
2. Die aktuellen Veränderungen schaffen Wert für Batteriespeicher
Solar macht Mittagsstrom zum Problem
Ausschreibungen der Commission de Régulation de l’Énergie (CRE) haben dazu beigetragen, dass die installierte Solarkapazität 2024 um mehr als 5 GW gestiegen ist.
Mehr Kapazität bedeutet häufiger ein Überangebot, was sich auf die Preiskurve auswirkt: Die Preise fallen bei Solarspitzen und steigen abends, wenn der Bedarf zunimmt und Solarstrom abnimmt.
2025 fällt das mittägliche Preistief auf 45 % des durchschnittlichen Stundenpreises – gegenüber 92 % im Jahr 2020.
Das Preistief am Mittag führt zu einem starken Anstieg der Stunden mit negativen Preisen. 2024 gab es 359 Stunden mit negativen Preisen – mehr als doppelt so viele wie 2023. Der Trend setzt sich 2025 fort und zeigt deutlich die Flexibilitätslücke.
Mit dem Ziel der Programmation Pluriannuelle de l’Énergie (PPE), bis 2035 44–52 GW Solar zu erreichen (24 GW in 2024), werden die Mittagsüberschüsse weiter steigen. Die Flexibilitätslücke wird sich vergrößern, wenn Speicher und Lastmanagement nicht mitwachsen.
Frankreichs zentrale Lage erschwert das Abführen von Solarüberschüssen zusätzlich
Frankreich liegt im Zentrum des europäischen Stromnetzes, mit starken Verbindungsleitungen an allen Grenzen. Grenzüberschreitende Leitungen ermöglichen große Stromflüsse in alle Richtungen, wenn die Bedingungen stimmen.
Der Stromhandel ist netto stark exportorientiert. Frankreich liefert jährlich mehr Strom aus als es importiert – dank einer stabilen Grundlast, die sich gut exportieren lässt.
Stetige Exporte aus Kernenergie und Wasserkraft werden ins Ausland verkauft, vor allem wenn dort wenig Erneuerbare verfügbar sind. Das hilft Importländern, CO₂-intensive Kraftwerke zu vermeiden.
Doch um die Mittagszeit haben viele Nachbarn, vor allem Deutschland, ebenfalls Solarüberschüsse. Dann muss der Überschuss in Frankreich selbst abgebaut werden – die Preise werden negativ.
Neue Verbindungen wie der Celtic Link nach Irland (700 MW, geplant für 2028) bieten einen Ausweg in ein weniger solarabhängiges System, wenn der Kontinent mittags Solarüberschuss hat.
Sie helfen am Rand, aber Speicher werden nötig sein, um Energie in den Abend zu verschieben und sauberen, günstigen Strom nicht zu vergeuden.
3. Vom Signal zum Gewinn: Wie Batteriespeicher vom Wandel profitieren können
Frankreichs erste Speicherwelle ist bereits am Netz
Frankreich hat die Marke von einem Gigawatt installierter Batteriespeicher (BESS) bereits überschritten. Die Kapazität wächst seit 2020 stetig.
Bislang haben Batteriespeicher in Frankreich vor allem eine gezielte, aber essenzielle Rolle übernommen. Die meisten Anlagen sind Kurzzeitspeicher, optimiert für Systemdienstleistungen – hauptsächlich Frequenzhaltung (FCR) und seit Kurzem automatische Frequenzwiederherstellung (aFRR).
Neue Projekte werden zunehmend mit längerer Speicherzeit gebaut – von weniger als einer Stunde im Schnitt auf fast zwei Stunden bis 2025.
aFRR dominiert aktuell die Erlöse – aber die Märkte wandeln sich
Der aFRR-Kapazitätsmarkt wurde 2024 eingeführt und hat den kleineren FCR-Markt als wichtigste Einnahmequelle für Batteriespeicher in Frankreich abgelöst.
Die zunehmende Differenzierung bei Up- und Down-Bids sowie ausgefeiltere Strategien zeigen, dass der Markt reift und Opportunitätskosten besser abbildet.
aFRR-Preise sind derzeit noch hoch, aber mit wachsender Speicherkapazität erwarten wir mittelfristig sinkende Durchschnittspreise für aFRR-Kapazität.
Nächster Schritt: Arbitrage im Day-Ahead- und Intraday-Markt
Mit der Sättigung bei Systemdienstleistungen werden Preissignale aus dem Großhandel wichtiger. Batterien können zunehmend günstig einkaufen, wenn Solar das System flutet, und abends teuer verkaufen.
Top-Bottom-Spreads haben sich 2025 weiter vergrößert – z. B. stieg der TB2-Spread um 27 % gegenüber 2024.
Diese Entwicklungen schaffen immer mehr Arbitragemöglichkeiten im Day-Ahead- und Intraday-Markt. Mit fast zwei Stunden Speicherzeit können Batterien diese Spreads zunehmend wirtschaftlich nutzen.
Die nächste Speicherwelle ist da – neue Chancen für Investoren
Die erste Welle schöpfte vor allem Wert aus FCR und aFRR. Die nächste konzentriert sich auf Arbitrage im Großhandel, ergänzt durch kombinierte Dienstleistungen.
Für Entwickler und Investoren gilt: Heute mit Systemdienstleistungen Geld verdienen und gleichzeitig die Option auf wachsende Day-Ahead- und Intraday-Spreads sichern.